Fruchtbarer Boden wird oft mit fruchtbarer Erde oder Mutter Erde assoziiert. Er war und ist mehr als die Nahrung spendende Basis unserer Existenz. Er ist auch Symbol für Kultur und Identität und begleitet uns in Bräuchen, Legenden, der Baukunst und im alltäglichen Sprachgebrauch. Boden, diese dünne Schicht aus Mineralien, organischer Substanz und Bodentieren, hat die kulturgeschichtliche Entwicklung der Menschheit schon immer maßgeblich beeinflusst. Von den alttestamentarischen Erzählungen, in denen Mensch und Ackerboden dasselbe Material als Grundlage haben, bis zum Konzept der Pachamama bei den indigenen Völkern Südamerikas, das den Erdboden als heilige Mutter betrachtet – der Mensch begreift die fruchtbare Erde als einen lebendigen Teil des Selbst. Das zeigt sich auch im Konzept des Gartens, das schon immer ein Spiegel von kulturellem Selbstverständnis war.
Doch ob bei der Landwirtschaft, dem Straßen- und Häuserbau oder dem Anlegen von Parks – wir verändern und prägen den Boden. Der Mensch ist zu einem geologischen Faktor geworden, wie es der niederländische Chemiker und Atmosphärenforscher Paul Crutzen vor einigen Jahren formulierte.
Diese Tatsache bedroht den Boden und damit unsere Existenz immer mehr. Aber gleichzeitig fördert sie auch Konzepte, die Mensch und Natur wenigstens in einigen Lebensbereichen wie dem Tourismus, der Landwirtschaft, der Architektur, aber auch in der Heilung, wieder näher zueinander bringen. Der Boden soll explizit nicht mehr als unbelebter Mineralkörper behandelt, sondern als belebtes und wertvolles Element begriffen werden, das in Wechselwirkung mit den menschlichen Einflüssen steht und genutzt wird.
Diese Entwicklung trägt den menschlichen Bedürfnissen Rechnung. Denn auch wenn wir ihn schonungslos zerstören, zubetonieren und ausbeuten: Boden ist auch ein Teil von uns. Er prägt unser Selbstverständnis und unsere Lebenswelt – von Bräuchen und Lebensrhythmen bis hin zu Sprache und Literatur.